--Hoffen und Bangen an Rechner und Smartphone über 9000km Entfernung--
Wenige Stunden ist Frederics erster Start bei einer offiziellen internationalen Meisterschaft nun her und da wir heute vormittag mit Anfragen über Telefon und soziale Medien wie Facebook überhäuft werden, wie denn das Rennen jetzt genau gelaufen ist, will ich hier gesammelt vorab ein paar Zusatzinfos liefern bezüglich der Junioren-Weltmeisterschaft in Cozumel/ Mexico, die wir heute nacht aus der Ferne per Liveticker, und einige andere Info-Kanäle versucht haben mitzuverfolgen.
Einige Eindrücke haben Heike und ich ja schon auf Facebook geschrieben, aber da dort ja bekanntlich nicht jeder, der sich für Frederic oder uns interessiert vertreten ist, schreibe ich, bevor Frederic in den nächsten Tagen sicher selbst einen persönlichen und unverfälschten Rennebericht aus Telnehmersicht hier veröffentlichen wird, schonmal,wie wir als passive und nervöse Beobachter das Rennen erlebt haben.
Vielen Dank fürs Daumendrücken an alle, die noch wach geblieben sind.
Ironman World Junior Championship Cozumel from Harald Funk on Vimeo.
(Dank meines Bruders und meiner Schwägerin waren wir trotz für ein Weltmeisterschaft miserablen offiziellen Livestream des Veranstalters auf www.triathlon.org stets gut über das Rennen informiert; vielen Dank Martin und Angelika)
Für die, die sich bei Rennnen mit Windschattenfreigabe nicht so gut auskennen und das Rennen, das gestern abend von 22:45h an stattfand nicht im Detail verfolgt haben oder verfolgen konnten, kommt hier noch wie angekündigt eine Nacherzählung des WM-Rennens und der Versuch einer Analyse.
Kurz zu den Facts: Frederic wurde gestern 25. bei der Weltmeisterschaft im Feld der 75 weltbesten Junioren. Die detaillierte Ergebnisliste mit allen Splitzeiten gibt es hier Eine gute Plazierung, aber mit etwas mehr Rennglück wäre gestern auch Top 20, rückblickend sogar das erhoffte Traumergebnis einer einstelligen Plazierung möglich und sogar realistisch gewesen. Da alleine schon die Qualifikation für das Rennen in Cozumel ein persönlicher Erfolg für ihn gewesen ist und dieses Rennen seine erste internationale Meisterschaft war, nachdem er letztes Jahr verletzungsbedingt die entsprechenden Qualifikationen für Em und WM verpasst hatte und in diesem Frühjahr um wenige Sekunden an der Qualifikation zur Europameisterschaft in Portugal vorbeigeschrammt war, muss man Rang 25 bei der jetzigen WM durchaus als Erfolg werten. Nach Analyse des Rennverlaufs wäre aber wie angedeutet gestern sogar noch mehr drin gewesen.
Frederic kam mit 20s Rückstand etwa auf Rang 30 aus dem Wasser nach 750m Schwimmen. Leider verlor er beim ersten Wechsel weitere 8s auf die Spitze, da er seine Schwimmbrille am Wechselplatz neben den dafür vorgesehenen Korb warf, nochmal ums Rad rumgehen, Brille aufheben und in den Korb legen musste (ansonsten gibt es bei derartigen Rennen eine 10s Zeitstrafe). Das führte im dichten Weltmeisterschaftsfeld letzlich dazu, dass er weitere Plätze in der Wechselzone verlor und letztlich erst als ca. 50. nach der Wechselzone aufs Rad steigen konnte.
Diejenigen, die direkt mit ihm aus dem Wasser gekommen waren und denen ein flüssiger Wechsel gelungen war, schafften es übrigens in die 32 Mann starke Spitzengruppe und konnten auf den anschließenden 20 Radkilometern auf einem engen winkligen Innenstadtkurs im Windschatten viel Kraft sparen, da in der Spitzengruppe die dort enthaltenen radstarken Athleten, v.a. die Briten Dijkstra, Dickinson, der Israeli Sagev und der Canadier Blecher gemeinsam für ein maximal hohes Tempo sorgten.
Der Rest der Spitzengruppe konnte mitrollen und die Beine fürs laufen schonen.
Rückblickend wäre es wohl besser gewesen, die drohende 10s Zeitstrafe für die falsch gewrfene Schwimmbrille yugunsten eines schnelleren Wechsels in Kauf zu nehmen, denn das Verpassen der ersten Radgruppe wirkte sich zeitlich ungleich schwerer aus, wie sich noch im weierlaufenden rennen zeigen sollte.
Frederic setzte sich in der ersten Verfolgergruppe sofort an die Spitze und versuchte verzweifelt, die Lücke zur Spitzengruppe zu schließen, Leider gab es in seiner Gruppe niemand mit vergleichbarem Raddruck wie er ihn hat und so waren bei ihm alle anderen froh, überhaupt seinen Windschatten halten zu können und Frederic musste, wie er oben im Video erwähnt hat, fast die ganze Radstrecke alleine bestreiten, Der Rückstand wuchs demzufolge ab der zweiten Runde immer mehr an und betrug nach dem Radfahren etwa 1:20min auf die erste Gruppe. Auf 5km ist das fast eine Ewigkeit und aufgrund der brutalen Hitze in Cozumel befürchtete ich, da Frederic bis dahin sehr viel Kraft ins Rennen investiert hatte, einen mühsamen abschließenden 5km Lauf.
Im Kampf um eine gute Ausgangsposition für den zweiten Wechsel war Frederic auf den letzten Radkilometern dann auch noch von einigen Mitgliedern seiner Gruppe, die bis dahin sich hinter ihm ausgeruht hatten, überholt worden und begann den abschließenden Lauf nach wieder suboptimalen zweiten Wechsel wegen etwas zu langsamen Schuhe anziehen auf Rang 44.
Nicht mehr ganz erwartet glückte ihm aber nicht nur Schadensbegrenzung beim Laufen sondern er machte auf den 5 Laufkilometern Platz um Platz gut, überholte 10 Läufer schon auf den ersten 2,5km und lief auf der zweiten Laufrunde sogar in die Läufer der ersten Radgruppe, die eigentlich nach dem Radfahren unerreichbar weit weg waren, hinein und konnnte weitere 10 Athleten in der Gluthitze von Mexico überholen, so dass er letztlich das Ziel auf einem sehr respektablen 25. Platz erreichte. Seine Laufzeit von 16:43 war die 11.-schnellste des Tages und wäre bei anderem, weniger kräftezehrenden Rennverlauf sicher noch einige Sekunden schneller gewesen.
Aber so sind diese Rennen: hier kommt es oft auf Nuancen an und wenige Sekunden beim Schwimmen oder in der 1. Wechselzone entscheiden oft schon über Sieg oder Niederlage.
Der neue Weltmeister Austin Hindman aus den USA kennt das übrigens auch: bei der letzten Weltmeisterschaft dem GrandFinal in Chicago 2015 vor einem Jahr war Hindman auf Rang 25 ins Ziel gelaufen, also auf exakt der Plazierung, die Frederic jetzt mit etwas Pech in der ersten Wechselzone aber auch viel Mut bei der weiteren Renngestaltung belegt hat. Hindman hatte also in Cozumel schon die wertvolle Erfahrung einer WM-Teilnahme aus dem Vorjahr und konnte sich jetzt innerhalb eines Jahres um 24 Plätze auf Rang 1 steigern.
Wir werden sehen, wohin sich Frederic jetzt noch weiterentwickeln kann. Der US-Triathlonverband ist hinsichtlich der Effektivität seiner Förderstrukturen jetzt schon da, wo die DTU eigentlich hinwill, was man gestern auch daran sehen konnte, dass auch beim weiblichen Juniorenrennen der WM-Titel in die USA ging, nämlich an das Supertalent Taylor Knibb, die ebenfalls wie ihr männliches Pendant, der neue Juniorenweltmeister aus den USA Austin Hindman vor einem Jahr noch weitgehend unbekannt war, jetzt aber schon in der Weltspitze angekommen ist und vor einigen Wochen beim Weltcup in Edmonton sogar schon beim Weltcup der Elite in Montreal neben Flora Duffy und Ashleigh Gentle als Drittplazierte auf dem Podium stand. Die DTU organisiert sich gerade nach dem ernüchternden Olympia-Ergebnis von Rio neu, hat Trainer ausgetauscht und wird an verschiedenen Stellschrauben ihres bisherigen Förderkonzeptes drehen müssen und der WM-Titel gestern nachmittag im U23-Rennen von Laura Lindemann ebenso wie die Silbermedaille für Lisa Tertsch im weiblichen Juniorenrennen hinter Taylor Knibb zeigt, dass auch im Deutschen Verband vieles besser läuft, als das ernüchternde Rio-Ergebnis vermuten ließ
Frederic hat nach dem Rennen heute Nacht die offizielle B-Kadernorm der DTU, für die er das Rennen in Cozumel unter den ersten 10 hätte beenden müssen, verpasst und würde damit formal trotz seines Deutschen Meistertitels vom Sommer (der leider in Deutschland bei den Junioren kein Kadernominierungskriterium, wie in fast allen anderen internationalen Verbänden, ist) aus der Verbandsförderung herausfallen, nachdem er infolge eines verletzungsbedingt sportlich mäßigen Jahres 2015 bereits für 2016 von C-kaderstatus auf D/C-Kader-Status herabgestuft worden war und damit seinen ohnehin geringen Sporthilfeanspruch verloren hatte und er müsste sich jetzt die Frage stellen , ob er ganz mit dem Hochleistungssport aufhört und sein Studium vorantreibt oder einige Jahre als Profitriathlet selbstfinanziert weiter Leistungssport treibt, was wegen der Preisgelder und Sponsoren eigentlich nur auf der Ironman- oder 70.3-Distanz möglich ist.
Da ich ihn gut kenne und weiß, dass sein Herz im Augenblick eher am olympischen Triathlon hängt, und ich weiß, dass er für die längere Distanzen, die ab nächstem Jahr bei Meisterschaften auf ihn warten, ohnehin mehr Talent hat (ab der U23-klasse finden internationale Meisterschaftsrennen auf der olympischen Distanz mit 1,5k S, 40k R und 10k Lauf statt, während bei den Junioren ebenso wie bei der Jugend A die nationalen und internationalen Meiterschaften stets auf der Spritndistanz mit halbierten Streckenlängen stattfinden) hoffe ich natürlich, dass Frederic aufgrund der 2016 gezeigten Leistungen und der erkennbaren positiven Leistungsprognose im Zuge der anstehenden Neuaufstellung der DTU-Nachwuchsförderung doch noch für den U23-B-Kader berücksichtigt wird.
Heute nachmittag um 16:00h darf Frederic übrigens nochmal zusammen mit Lisa Tertsch, Lena Meissner und Lasse Lührs für Deutschland an den Start gehen, denn dann werden die dei WM-Medaillen in der Team-Relay-Staffel der kombinierten Junioren/U23-Wertung vergeben. Da heißt es also nochmal Daumen drücken, denn hier hat Deutschland neben guten Plazierungschancen neben den favorisierten US-Amerikanern und den Briten bei optimalen Rennverlauf sogar eine kleine Medaillenchance.