Es gibt wahrscheinlich kein Rennen auf das ich mich so freue wie die Challenge Walchsee. Nicht nur, weil es mein Heimrennen ist und ich die abwechslungsreiche Strecke in- und auswendig kenne, sondern auch weil das Rennen in dem idyllischen Ort Walchsee wahnsinnig professionell organisiert ist und so macht es umgeben von dem denkbar schönsten Bergpanorama einfach nochmal umso mehr Spaß.
Dieses Jahr sparten wir uns noch ein bisschen Fahrerei und Stress indem meine Freundin Zsanna und ich in Walchsee in einem Hotel statt zuhause übernachteten. Zsanna startete am Walchsee über ihre allererste Mitteldistanz.
Der Tag vor dem Rennen war geprägt mit einer kleinen Lauf- und Radeinheit, der Pressekonferenz, einem langen Mittagsschlaf, dem Bike Check in und natürlich der legendären Kaiserschmarrn- Party. Das Ganze bei knapp 35°C und am Renntag sollte es sogar noch etwas heißer werden. Meine Form ist derzeit ziemlich gut, wie ich es auch schon in Erding am vorangegangenen Wochenende beweisen konnte, also war die Hitze am Renntag meine einzige Sorge, aber da mussten ja alle durch.
Abgesehen von der Challenge Samorin war Walchsee auf jeden Fall das bestbesetzte Profirennen, in dem ich je gestartet bin. Allein aus Deutscher Sicht waren mit Nils Frommhold, Maurice Clavel, die auch beide schon für den Ironman Hawaii dieses Jahr qualifiziert sind, und Boris Stein, der nach einer langen Verletzungspause wieder ins Renngeschehen einsteigt, einige absolute Hochkaräter am Start. Dazu kamen noch der Italiener Gulio Molinari, der Walchsee auch schon einige Male gewinnen konnte und mit der Startnummer 1 an den Start ging, die Neuseeländer Mike Philipps (Athlet mit dem schnellsten Ironman Debüt: 7:52h im vergangenen Jahr und in diesem Jahr Sieger beim Ironman Neuseeland) und Matt Burton und noch einige andere sehr starke Athleten. Es sollte also ein heißes Rennen werden, nicht nur wegen der Temperatur.
Der Start am Rennmorgen war erst um 10:30Uhr. Ein früherer Start wäre vor allem bei der Hitze natürlich schöner gewesen, aber die Bauern brauchen in der Früh noch die Straßen, um ihre Milch zu transportieren beziehungsweise abholen zu lassen, so dass eine Vollsperrung der Strecke grundsätzlich erst ab spätem Vormittag möglich ist. So konnte man dann wenigstens bis 7 Uhr schlafen und dann in Ruhe frühstücken bevor es für die letzten Erledigungen in die Wechselzone und dann zum Einlaufen ging. Der Walchsee hatte über 25°C Wassertemperatur, also sollte es mein erstes Rennen der Saison ohne Neo werden und endlich konnte ich mal meinen Sailfish Rebel Pro Swimskin auspacken und auch im Wettkampf benutzen.
Pünktlich fiel der Startschuss und ich kam mit ein paar schnellen Zügen gleich gut weg. So etwas ist mir im letzten Jahr nie gelungen und ich bin sehr froh, dass meine Schwimmform in dieser Saison so viel besser geworden ist. Sofort bildete sich eine kleine Führungsgruppe, die mein Erdinger Teamkollege Nils Frommhold anführte. Ich sparte in seinem Wasserschatten ein paar Körner. Wir waren zügig unterwegs und viel änderte sich dann auch nicht mehr bis zum Schwimmausstieg, außer dass circa 400m vor Ende der Brite Thomas Davis von hinten neben mich schwamm und wir uns um den Wasserschatten streiten mussten. Da wurde es dann doch nochmal ziemlich anstrengend.
Auch mein erster Wechsel war endlich mal zufriedenstellend und ich konnte gleich nach dem Radaufstieg die Führung übernehmen. Die ersten paar Kilometer gingen leicht bergab und ich wollte die Führungsgruppe so schnell wie möglich verkleinern, also drückte ich gleich ziemlich in die Pedale.
Schon bevor es in den ersten technischen Teil der Strecke ging, waren wir nur noch zu dritt. Maurice Clavel, Nils Frommhold und ich, also ein deutscher Express. Ich spielte meine Streckenkenntnisse aus und drückte im technischen Teil, im ersten längeren Berg und in der Abfahrt weiter aufs Gaspedal. Es machte richtig Spaß und nach nur 15km hatten wir bereits 1,5min Vorsprung auf unsere Verfolger. Maurice und Nils hielten immer sehr fairen Abstand (mehr als 10m), so dass ich vorne einfach weiter mein Ding fuhr und es ging sowieso ständig auf und ab.
Bei einer Abfahrt rutschte mir in einer Kurve mein Hinterrad mal weg und ich sah mich schon im Graben liegen, konnte es aber Gott sei Dank gerade so noch retten und mich von dem Schock auch schnell wieder erholen. Eine Abfahrt später, am Ende der ersten Radrunde, schaffte ich es eine kleine Lücke auf Maurice und Nils rauszufahren und nutzte die Gelegenheit gleich für eine Attacke. Die Lücke vergrößerte sich auf 30 Sekunden, aber ein paar Kilometer später schaffte es Maurice wieder zu mir aufzuschließen, so waren wir aber nur noch zu zweit. In der zweiten Radrunde machte mir allerdings die Hitze zunehmend zu schaffen und ich musste auch im Hinblick aufs Laufen ein paar Watt rausnehmen, so übernahm bei Kilometer 60 Maurice die Führung. Ich konnte das Tempo leider nicht mehr mitgehen und fieberte einfach nur der nächsten Verpflegungsstation hin, bei der es kaltes Wasser gab. Immerhin ging ich nicht komplett hoch, so wie in Samorin, und konnte den Radpart noch einigermaßen gut zu Ende bringen, hatte aber trotzdem beim zweiten Wechsel 2,5min Rückstand auf Maurice. Auf Platz 3 waren es aber zu dem Zeitpunkt circa 4min Vorsprung. Mit meiner Radzeit von 2:05h war ich 2min schneller als im Vorjahr. Hier geht es zu meiner Strava Datei.
Sofort beim Loslaufen dachte ich mir: „Niemals bringe ich den zweiten Platz heute ins Ziel“. Die Sonne brannte richtig runter und von Schatten war auf der Strecke keine Spur. Das Thermometer zeigte bereits 38°C. Dementsprechend langsam lief ich dahin, obwohl die Laufbeine eigentlich ganz gut waren. Es war ein Kampf ums Überleben von der einen Verpflegungsstation zur nächsten und die ganze Zeit hatte ich den Drang aufzuhören und mich einfach nur in den See zu legen. Die Zuschauer riefen mir ständig den Rückstand nach vorne zu, der die ganze Zeit gleich blieb, aber nie den Vorsprung nach hinten, denn ich dachte bei dem Tempo muss eigentlich bald jemand kommen und mich überholen. Irgendwann erfuhr ich dann, dass ich meinen Vorsprung nach hinten sogar ausbaute, was mich immerhin motivierte. Der Ablauf der vier Laufrunden war dann immer derselbe: An der Verpflegungsstation trinken, kühlen, zwei Schwämme nehmen, diese nicht ausdrücken und unter den Anzug stecken. Sobald ich wieder trocken war, kurz mit den Schwämmen wieder etwas nass machen, so oft bis die Schwämme trocken waren und dann waren es noch circa 1,5km überleben bis zur nächsten Verpflegungsstation, wo das Spiel wieder von vorne losging. Ich erinnerte mich ständig an die Junioren WM in Cozumel 2016 und kann jetzt 3 Jahre später sagen, dass eine Sprintdistanz bei solch einer Hitze ein Witz ist. Andererseits wollte ich gar nicht daran denken, wie es dann wohl beim Ironman Hawaii ist oder beim Ironman Frankfurt, der am selben Tag stattfand.
Als zweiter hinter Maurice Clavel lief ich dann über die Ziellinie. Überglücklich es endlich geschafft zu haben, aber natürlich bin ich mit dem zweiten Platz in diesem Profifeld auch mehr als zufrieden. Mit einem 1:19er Halbmarathon hatte ich bei der Hitze sogar die schnellste Laufzeit im Feld. Boris Stein kam dann als dritter ins Ziel und komplettierte das deutsche Podium. Ergebnisse gibt es hier. Ich glaube, bei den Profis hat nur circa die Hälfte das Rennen gefinisht. Deshalb größten Respekt an alle Athleten, die dieses Wochenende bei den Bedingungen einen Triathlon gefinisht haben (nicht nur am Walchsee)! Mit Stolz durfte ich auch Zsanna ihre Finisher Medaille überreichen und sie wurde sogar ebenfalls zweiter in ihrer AK
Danke Challenge Walchsee für ein gelungenes 10 Jähriges Jubiläum und da im nächsten Jahr dort die Europameisterschaften über die Mitteldistanz ausgetragen werden, streiche ich mir den Termin Ende Juni schon mal rot in meinem Kalender an.
Mein nächstes großes Rennen ist am 27. Juli die Challenge Prag und die Woche davor geht es mal wieder in der Bundesliga über die Sprintdistanz für mein Team aus Witten an den Start. Mal schauen, was da so geht
Bis dahin
Frederic
Vielen Dank an meine Schwester Anna-Marie für die Bilder!